Stefan Backs | 13. Dezember 2022

Zu viele Experten, zu wenig Ahnung

Der heutige Vorstands-Vorsitzende des FC Bayern München hat jüngst einen Blick in sein Innenleben gestattet. Er berichtete über Gefühle und Druck zu einer Zeit, als er noch Nationaltorwart war und als „Titan“ das Tor der Münchner hütete. Kahn spricht offen von Verletzlichkeit und psychischen Problemen.
Zur Zeit wird in Deutschland darüber diskutiert, ob Alexander Nübel möglicherweise vorzeitig zu den Bayern zurückkehrt, um den verletzten Manuel Neuer zu ersetzen. Dass das ein großes Thema ist, liegt auf der Hand. Was allerdings gerade rund um dieses Thema wieder in den Medien stattfindet, ist indiskutabel.
Auf der Suche nach Schlagzeilen und Klicks wird wieder jeder vor ein Mikro gezerrt, der etwas dazu sagen möchte. Und das sind Viele. Und da sich negative Schlagzeilen einfach besser verkaufen als positive, wird auch entsprechend geliefert. Heraus kommt eine ungute Mischung aus Unkenntnis, Pauschalurteilen und unqualifizierten Äußerungen.

Als Beispiel äußerte sich unlängst ein deutscher Nationaltorwart längst vergangener Tage abfällig über Alex. Ich gehe jede Wette ein, dass er nicht genug Spiele in der Ligue 1 gesehen hat, um eine substantiierte Meinung abzugeben. Da er sich aber im Dschungel (der Medien) auskennt, nutzte er diese Plattform entsprechend.

Hypothetisch könnte Alex zum Rückrunden-Auftakt der Bayern in Leipzig im Tor stehen. Der Druck, das weiß er natürlich, wäre ohnehin schon enorm. In diesem völlig aus den Fugen geratenen medialen Umfeld wäre er beinahe übermenschlich.

Und genau darum geht es: Alex Nübel ist, genau wie seine Kollegen ein Mensch. Ein junger dazu. Jeder Mensch hat Respekt verdient, ob man ihn als Fußballer mag oder nicht. Davon ist zur Zeit sehr wenig zu spüren.

Torwart ist eine spezielle Position. Jeder Fehler kann das Spiel entscheiden. Diese Typen, die sich diesem Druck stellen, sind eh schon besonders. Aber sie sind auch Menschen. Daher haben gerade sie eine seriöse Betrachtungsweise verdient. Als Sportler. Aber vor allem auch als Mensch. Oliver Kahn hat es eindringlich beschrieben.